Polnisch hat, wie jede Sprache, seine Eigenheiten. Einige machen das Lernen unterhaltsam, andere – sagen wir mal – interessant. Hier eine kleine Auswahl sprachlicher Besonderheiten, die Lernende oft überraschen.
1. Personalpronomen? Meist überflüssig!
Für deutsche Muttersprachler ist es ganz normal zu sagen:
Ich lese ein Buch.
Wasch dir die Hände!
Wer Polnisch lernt, versucht dann ganz logisch:
Ja czytam książkę.
Umyj tobie ręce!
Ein Pole, der das hört, denkt sich: Warum betont die Person so sehr, dass sie liest? Und warum „deine“ Hände – welche denn sonst?
Im Polnischen sagt man einfach:
Czytam książkę.
Umyj ręce!
Personalpronomen wie ja, ty, on usw. lässt man im Polnischen meistens weg – es sei denn, man möchte gezielt etwas betonen. Die Verbendung verrät ohnehin, wer gemeint ist.
Mieszkam w Berlinie – Ich wohne in Berlin.
Das -m am Ende zeigt eindeutig: Ich. Keine andere Person bekommt dieses -m. Also: kein „ja“ nötig – außer, man will ausdrücken: „Ich wohne in Berlin (und nicht jemand anderes)!“
Das Gleiche gilt für andere Formen:
(ty) mieszkasz, (my) mieszkamy, (wy) mieszkacie – auch hier reicht in der Regel das Verb.
2. Narzędnik – der Instrumental
Der Instrumental ist ein Fall, den es im Deutschen nicht gibt. Viele Lernende sagen: „Ohne geht’s doch auch ganz gut!“ Ich persönlich liebe ihn – warum? Er spart viele Präpositionen wie mit, durch, für usw. Im Polnischen wird das Substantiv einfach gebeugt – kein Extra-Wort nötig!
Beispiel:
Jadę autobusem.
Einfach ein -em ans Ende – und schon bedeutet es: „Ich fahre mit dem Bus.“ Kein „z“ (=mit) notwendig.
Aber viele sagen trotzdem:
Jadę z autobusem.
Das klingt für polnische Ohren, als würde der Bus selbst mitfahren. Tatsächlich reicht die Beugung aus.
Wann nutzt man also diesen Fall?
Immer wenn man angibt, womit oder wodurch etwas geschieht:
Jadę autobusem. – Womit? Mit dem Bus.
Lateiner erinnern sich vielleicht: Das entspricht dem Ablativus instrumentalis.
Der Instrumental kommt aber auch in anderen Situationen vor, zum Beispiel:
- Wenn man über Interessen spricht:
Interesuję się sportem. – Ich interessiere mich für Sport. Kein „für“ nötig – das Wort sport wird einfach gebeugt. - Bei Berufen und Nationalitäten:
Jestem Polką. Jestem aktorem. – Ich bin Polin. Ich bin Schauspieler.
Warum der Instrumental hier verwendet wird? Keine Ahnung. Wir Polen entschuldigen uns kollektiv dafür.
3. Gender – das männliche Plural-Privileg
Ein sensibles Thema, auch sprachlich. In der polnischen Grammatik ist das Maskulinum ein echter VIP.
Im Singular unterscheidet man zwischen lebendigen und nicht lebendigen männlichen Wesen – sie werden unterschiedlich dekliniert. Im Plural teilt sich die Welt sogar in zwei große Kategorien:
- männliche Personen
- alle anderen
Für männliche Personen gibt es ein eigenes Pluralsystem – mit eigenen Endungen, Fragewörtern, Zahlwörtern, Zeigewörtern und Verbformen.
Beispiele:
Jeden syn – ein Sohn
Dwaj synowie – zwei Söhne
Bei Dingen oder Tieren sieht es anders aus:
Jeden chleb, jeden pingwin
Dwa chleby, dwa pingwiny
Und was ist mit Engeln?
Anioł – ist das nun ein männliches Wesen oder eher ein spirituelles Etwas?
Sind zwei Engel also:
Dwaj aniołowie oder dwa anioły?
Beides ist korrekt.
Das Gleiche gilt zum Beispiel auch für orki / orkowie – je nachdem, ob man die Orks eher als menschenähnlich oder als Tiere betrachtet.